Budô Zukai Hiketsu, ‘Bebilderte Budô-Geheimnisse’ aus 1903 (Meiji 36, Jikishinkage-Ryû naginata)
Frühe Aufzeichnungen (von Jonathan Byrd)
Bereits in den frühesten Geschichtsaufzeichnungen ist das Schwert ein fester Bestandteil der japanischen Kultur. Berichte über Schwertkämpfer kann man im Kojiki (Aufzeichnungen des Altertums) und den Nihon Shoki (Japanische Geschichte), zwei der ältesten Chroniken der japanischen Geschichtsschreibung, finden. Obwohl es schwierig ist aus diesen Quellen akkurate Zeitangaben zu beziehen beschreiben andere Quellen den Gebrauch des Bokutô (Holzschwert) als Waffe vom Jahre 400 AD an.
Während der japanischen Feudalzeit war das Schwert ein wichtiges Instrument der sozialen und politischen Ordnung. Die frühe japanische Geschichte wurde durch Kriege der verschiedenen Provinzen gegeneinander geprägt. Schwertkampf an sich war ein grundlegender Teil der militärischen Ausbildung, und strenge Disziplinvorschriften stellten sicher das die richtigen Übungen systematisch durchgeführt wurden. Gute Schwertkampflehrer waren gesuchte Leute und mächtige Kriegsherren stellten grosse Anstrengungen an um die besten Lehrer für sich zu gewinnen. Ein Schwertkampflehrer war für die militärische und moralische Führung seiner Leute verantwortlich.
Weiterentwicklung des Kriegers
Mit der Einführung der Feuerwaffen und dem entstehen einer stabilen militärischen Führung verlor das Schwert zunehmend seinen Wert als Kriegswaffe. Trotz dieser Tatsache wurde Schwertkampf weiterhin während des Tokugawa Shôgunats (etwa 1600) gelehrt. Die Kriegerausbildung („Bu“) des Samurai (Bushi) wurde als perfekte Ergänzung der akademischen und sozialen Ausbildung („Bun“) und für die Entwicklung eines „abgerundeten“ Characters förderlich angesehen.
Die Kunst des Schwertkampfes entwickelte sich paralell mit dem technologischen, sozialen und philosophischen Fortschritt Japans. Zum Beispiel wurden metallurgische Weiterentwicklungen von einem Schwertschmied durch Weitergabe des Wissens bald in ganz anderen Landesteilen eingesetzt. Einer der faszinierenden Aspekte des japanischen Schwertkampfes ist die Art und Weise wie sich die Ideale der Krieger mit dem Studium des Zen-Buddhismus verbanden, welche von Japan nach Indien und von dort nach China weitergegeben wurden. Weil so viele Aspekte des Zen sich in Harmonie mit den Idalen und Ausbildungsmethoden der Samurai befanden nahmen die japanischen Krieger das Zen als Teil Ihres Lebens an und stellten bald fest das es Ihrem Dasein als Mensch sowohl moralische als auch ethische Tiefe hinzufügte.
Zen und Samurai
Ein Grossteil der modernen Samurai-Ideale wurden durch den Einfluss des Zen-Buddhismus geformt. Obwohl die Religion und ihre geistigen Führer nicht aktiv in die Lebensweise der Samurai eingriffen passte dieses Glaubenssystem perfekt zu Ihrer Lebenseinstellung.
Eine der Prinzipien des Zen ist das Ablegen jeglicher geistigen Barrieren die die Wahrnehmung der Realität verschleiern könnten. Sogar die weltlichste Erfahrung wird zum erleuchtenden Erlebnis erhoben wenn die Wahrnehmung klar und ohne Voreingenommenheit oder Analyse geschieht. Für den Samurai dessen Leben sich während eines Sekundenbruchteils entscheiden konnte war die einfache Klarheit des Zen sehr wichtig. Selbst die kürzeste Verzögerung aus unnötiger Überlegung heraus konnte den Tod bedeuten, also durfte es zwischen Wissen und Handeln keine Verzögerung geben. Das höchste Ziel von Samurai und Mönchen war die Harmonie mit der Welt sodass die eigenen Handlungen sich in natürlichem Einklang mit den himmlischen Kräften befanden.
Das Leben eines Zen-Mönches war in vielerlei Hinsicht dem eines Samurai sehr ähnlich. Beide sahen das Ziel der Perfektion als nur durch ständige Übungen erreichbar an. Es gibt viele Beispiele von Samurai die eine zeitlang in Klostern Ihre Ausbildung vervollständigt haben, als auch Fälle von Zen-Klostern die durch den Kampfgeist Ihrer Mönche bekannt wurden, die sich in Kampfkünsten übten um Ihr Zen zu vervollständigen.
61. Alljapanische Meisterschaft – Halbfinale (video)
Modernes Kendô
Heute wird Kendô von Millionen Männern, Frauen und Kindern ausgeübt. Nicht nur das es immer noch ein populärer Sport in Japan ist, nein, der Enthusiasmus für das japanische Schwertfechten hat sich bis Korea, die Vereinigten Staaten, Kanada, Südamerika, Europa und die Niederlande ausgebreitet.
Modernes Kendô hat einen starken sportlichen Aspekt. Die Alljapanische Kendô-Meisterschaft* sind ein grosses Sport-Event in Japan und werden am jeden 3. November von Zuschauern aus allen Ländern im Internet mitverfolgt. Viele Kendôka haben jedoch geteilte Ansichten über den Kendô-Wettkampf. Viele Experten sind sich darin einig, dass der Wettkampfaspekt die eigentlichen Wurzeln des Kendô als Kampfkunst schwächt. Nichtsdestotrotz kann man, wenn man an den Wettkampf mit der richtigen Einstellung herangeht, dem Wettstreit an sich viel Spass und Weiterentwicklung des eigenen Kendô abgewinnen und andere Leute treffen denen Kendô ebenfalls am Herzen liegt.
So kommt es das Kendô – ehemals einem privilegierten Kreis aus Kriegern vorbehalten – sich heute grosser Beliebtheit bei Personen verschiedenster sozialer Stellung erfreut. Kendô ist immer noch ein Gentleman´s-Sport und hat eine ähnliche Stellung, wie das Polo in Europa.
(*Zennihon-kendô-senshukentaikai / All Japan KENDO Championship)
Kendô – eine kurze Betrachung der Geschichte
Die früheste Erwähnung des Kendô, oder genauer: Kenjutsu kann man in den Dokumenten des Nihon Shoki und em Kojiki (beide 8tes Jahrhundert) finden. Die Taihô-, später Yôro-Gesetzessammlung aus dem Jahre 701, bzw. 718 führte dazu, dass das Land in Provinzen aufgeteilt und dass Armeen aus Wehrpflichtigen ausgehoben wurden, welche in der Benutzung des Langbogens, des Reitens, dem Kampf mit Speer und Schwert und des Ringens mit voller Rüstung geschult wurden. Dieses System wurde bald zugunsten der Rekrutierung ausgewählter Männer aus der Familie der Distriktverwalter aufgegeben. Diese Methode stellte sich jedoch auch bald als fehlerhaft heraus, weil die besser ausgebildeten Gruppen bald als Privatarmeen zum Schutz der Adeligen und religiöser Tempel verwendet wurden. Diese Elitegruppen aus professionellen Kämpfern, mit ihrem unangefochtenen Monopol auf das Recht der Waffenführung, zogen bald ihre Vorteile aus den Neuerungen, die die modernen Schwert-Designs mit sich brachten.
Die langen, geschwungenen Klingen die sich zum Ende des achten Jahrhunderts entwickelten, waren den chinesischen, gerade geschmiedeten, zweischneidigen Klingen im Kampf vom Pferd aus klar überlegen und lösten letztere allmählich ab. Mit dem Aufstieg der grossen Clans fanden grosse Schwertkämpfer schnell Anstellung als Lehrer der Kampfkünste bei einer grossen Familie oder gründeten private Fechtschulen. Die Namen der grossen Kämpfer und ihrer Stilen („Ryû“) überdauern bis heute. CHÛJÔ Nagahide (中条 長秀), der Gründer des Chûjô-Ryû wurde Ende des vierzehnten Jahrhunderts Meisterlehrer des Ashikaga-Clans. In der Muromachi-Ära entwickelte ITÔ Ittôsai (伊東 一刀斎), ursprünglich Kagehisa (景久) seinen Ittô-Ryû-Stil der sich bis spät in die Tokugawa-Periode erstreckte und auch heute noch das moderne Kendô beeinflusst. Kendô-Historiker schätzen das es zum Ende der Sengoku-Periode mehr als 200 Schulen bzw. Stile gab. Berühmte Schwertkämpfer dieser Zeit waren TSUKAHARA Takamiki Bokuden, YAGYÛ Muneyoshi der Fechtmeister des Shôgunates wurde, ARAKI Mataemon und etwa zur selben Zeit auch MIYAMOTO Musashi.
Um eine Auswahl der besten Kämpfer treffen zu können wurden regelmässsig Wettkämpfe abgehalten, und mit der gewonnenen Reputation eröffneten die besten Kämpfer bald Fechtschulen in den grösseren Städten. Hier trainierten die Schüler meist mit einem hölzernen Übungsschwert, dem Bokutô. Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts gab es jedoch keine ernsthaften Überlegungen für eine Schutzausrüstung die den Trainierenden vor irreparablen Schäden oder sogar dem Tod während des rigorosen Trainings schützen könnte.
NAKANISHI Chûta (中西忠太), der Gründer der Ittô-Stil-Nakanishi-Schule entwickelte nicht nur Schutzausrüstung, sondern auch ein Übungsschwert aus Bambuslatten die in einer Lederhülle steckten. Hiermit war es den Schülern möglich Schläge in voller Stärke zu trainieren ohne ihrem Gegenüber Verletzungen beizubringen. Mit steigender Popularität der neuen Trainingsmittel stieg auch die Verbreitung des Kenjutsu, nicht zuletzt aber auch durch Vereinfachung vieler traditioneller Techniken und der allgemeine Akzeptanz bestimmter Verhaltensregeln innerhalb der Trainingsräume.
Im Jahre 1871 führte das japanische Bildungsministerium Kendô als allgemeinen Schulsport ein, aber die fortschreitenden Modernisierung und die Anpassung an die westliche Kultur führte zur Schliessung vieler Schwertkampfschulen. SAKAKIBARA Kenkichi (榊原鍵吉) bat nach einiger Zeit die Regierung um Erlaubnis öffentliche Fechtvorstellungen (Gekken kôgyô / 撃剣興行) abhalten zu dürfen, wobei bekannte Meister, die vorher im Militär gedient hatten, auftreten sollten. Diese Vorführungen zogen einiges an öffentlichem Interesse auf sich, denn viele Besucher waren einfache Leute, die einen immer grösseren Anteil der lernenden Schüler bildeten. Der Sino-Japanische Krieg, der Russisch-Japanische Krieg und die Ereignisse die zum zweiten Weltkrieg führten liessen das Kendô starke militärische und nationalistische Züge annehmen.
In der unmittelbaren Nachkriegs-Ära wurde Kendô komplett aus dem Schulsport gestrichen. Erst 1952, als sich eine reine Sportversion des Kendô (shinai kyôgi / 撓競技) entwickelte, wurde Kendô wieder als Schulsport aufgenommen. 1953 war Kendô wieder etabliert, allerdings nicht mehr mit dem Ziel Techniken zum Überleben zu erlernen, sondern mit der Zielsetzung den Character durch die Prinzipien und Methoden des Schwertkampfes zu stärken.
Nachdem die Ausübung von Kendô nun nicht mehr länger nur auf Japan beschränkt war, verbreitete es sich praktisch überall und 1970 wurde der Internationale Kendô-Verband (International Kendô Federation) gegründet, mit dem Ziel, die Fortentwicklung und Weiterverbreitung von Kendô auf der Basis der Völkerverständigung und der Freundschaft zu betreiben.